„Pflegekammer mit Zwangsbeiträgen ist der falsche Weg.”
CDU-Generalsekretär Ulf Thiele erklärte einleitend, der CDU in Niedersachsen gehe es um eine echte Zukunftsperspektive für die Gesundheits- und Pflegepolitik in Niedersachsen. Das Thesenpapier der Fachpolitiker sei daher ein Gegenentwurf zur realitätsfernen Politik der rot-grünen Landesregierung und ihrer Sozialministern Rundt. „Insbesondere mit dem Vorstoß zur Einführung einer Pflegekammer hat die Sozialministerin Politik über die Köpfe der Betroffenen hinweg betrieben. Eine Pflegekammer mit Zwangsbeiträgen ist der falsche Weg, um den Pflegeberuf attraktiver zu machen“, so Ulf Thiele. Ziel bleibe es, bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen und eine angemessene Bezahlung für pflegendes Personal zu erreichen. „Wir setzen uns für eine nachhaltig finanzierte Pflege und Pflegeausbildung in allen Bereichen ein. Hier ist die zügige Umsetzung eines Tarifvertrages Soziales ein wichtiges Element, das den Wettbewerb über Qualität und nicht über niedrige Personalkosten fördert.“ Zudem müsse die Pflegedokumentation vereinfacht werden und ausreichende Personalschlüssel in den stationären Einrichtungen durchgesetzt werden.
Staatssekretär Karl-Josef Laumann, Patientenbeauftragter und Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung, ging in seinem Vortrag auf den Stellenwert der Gesundheits- und Pflegepolitik für die Gesellschaft ein. „Staat und Wirtschaft haben eine dienende Funktion gegenüber den Menschen. Auf dieser Grundlage müssen wir über Verbesserungen und Weiterentwicklungen im Gesundheits- und Pflegewesen reden“, sagte Karl-Josef Laumann. In Deutschland seien derzeit rund 2,6 Millionen Menschen pflegebedürftig, in etwa 15 Jahren werden es mehr als drei Millionen sein. Deshalb werde die vor 20 Jahren durch den damaligen CDU-Bundesminister Norbert Blüm konzipierte Pflegeversicherung mit den Pflegestärkungsgesetzen in dieser Legislaturperiode eine grundlegend verbesserte Systematik erhalten. „Wir verbessern die Leistungen und die fachliche Grundlage der Pflegeversicherung. Die Pflege in Deutschland muss endlich den Stellenwert bekommen, den sie benötigt“, unterstrich Karl-Josef Laumann. „Im Grunde möchten wir der Pflege eine neue Seele geben. Die jetzige Pflegeversicherung hat ein Bild von der Pflege, das sich fast allein an körperlichen Defiziten orientiert. Gerade im Hinblick auf Demenzerkrankte greift das viel zu kurz. Mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff wird damit demnächst Schluss sein, da dieser den unterschiedlichen individuellen Lebenslagen der Menschen Rechnung trägt“, so Karl-Josef Laumann.
Mit einem Impulsreferat widmete sich vorab der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, der Frage, wie im Bereich von Gesundheit und Pflege gute Rahmenbedingungen für lokale Netzwerke geschaffen werden können. „Die Gesundheitsversorgung und Pflege bilden ein Sicherungsnetz für individuelle Freiheit. Dieses Netz müssen wir in den nächsten Jahren neu knüpfen, um den veränderten Lebensumständen der Menschen gerecht zu werden“, betonte Ulrich Lilie. „Es geht darum, den regionalen Versorgungsbedarf konkret zu ermitteln, zu klären, was ambulant geleistet werden kann und was stationärer Hilfe bedarf. Entsprechend dieser Ergebnisse muss es dann auch die notwendigen Investitionen geben. Dies ist eine Pflichtaufgabe, daran darf kein Zweifel bestehen“, so der Präsident der Diakonie Deutschland.
Die grundsätzlichen Leitlinien einer Gesundheits- und Pflegepolitik der Zukunft stellte Roy Kühne als Vorsitzender des Landesfachausschusses Gesundheit und Pflege der CDU in Niedersachsen vor. „Als CDU ist es uns wichtig, dass auch in Zukunft jeder Bürger in allen Teilen des Landes unabhängig von Wohnort, Einkommen, Alter, körperlicher und geistiger Verfassung eine hochwertige und gut erreichbare Gesundheitsversorgung erhält“, betonte Roy Kühne. Wichtig seien Vielfalt und Wettbewerb der Leistungserbringer ebenso wie der Anbieter in der gesetzlichen Krankenversicherung. „Wir sind gegen die Einheitsversicherung und treten für den Erhalt von verantwortungsvoll wirtschaftenden privaten Krankenversicherungen ein. Die Selbstverwaltung der Träger im Gesundheitssystem hat sich grundsätzlich bewährt“, so der Vorsitzende des Landesfachausschusses.
Als Reaktion auf veränderte gesellschaftliche und demografische Realitäten sei auch die Stärkung der lokalen Verantwortung in der Gesundheitsversorgung notwendig. „Unsere Landkreise und Städte sind am besten in der Lage, auf spezifische Belange zu reagieren und maßgeschneiderte Angebote zu machen. Zudem sind sie besonders geeignet, sozialen, kulturellen und gesundheitlichen Belangen Rechnung zu tragen“, unterstrich Roy Kühne. Zudem gelte es, den Beruf des Landarztes wieder attraktiver zu machen und in unterversorgten Regionen Mobilitätskonzepte zu entwickeln, die den Menschen auf dem Land einen Zugang zu haus- und fachärztlicher Versorgung sichern. Dies gelte ebenso für die wohnortnahe Krankenhausversorgung, bei der es eine mittel- und langfristige Planungssicherheit geben müsse: „Hier steht die rot-grüne Landesregierung in der Verantwortung dafür, dass der Investitionsstau endlich abgebaut wird. Kooperationen und Zusammenschlüsse von Krankenhäusern bieten die Möglichkeit, Standorte zu sichern und die Versorgungsqualität zu erhöhen. Aber auch diese müssen finanziell gefördert werden“, unterstrich Roy Kühne.
Ein Anliegen sei es den Christdemokraten in Niedersachsen, sich für ein würdevolles Sterben einzusetzen. „Wir lehnen eine aktive Sterbehilfe und den assistierten Selbstmord ab. Ein Sterben in Würde bedeutet aber auch, dass es hochwertige Angebote einer nicht am Profit orientierten Sterbebegleitung gibt und die Arbeit von Hospizen eine verstärkte Unterstützung erfährt“, so Roy Kühne. Dazu gehöre es, die Palliativversorgung flächendeckend anzubieten und diese auch in der stationären Altenhilfe auszubauen und besser zu vernetzen.
Aus den Reihen der Teilnehmer kamen zahlreiche Hinweise zum Thesenpapier, die sich beispielsweise mit einer Aufwertung des Pflegeberufs durch eine Zuständigkeitserweiterung im Bereich präventiver Hausbesuche. Aber auch Hilfestellungen bei bürokratischen Hürden für pflegende Angehörige sei notwendig. Weitere inhaltliche Bemerkungen wurden zum Thema präventive Gesundheitsvorsorge gemacht. So sei eine frühzeitige Erziehung zu gesunder Ernährung und sportlicher Aktivität bereits ab der frühkindlichen Betreuung notwendig. Wichtig war den Teilnehmern auch festzuhalten, dass unser solidarisches Gesundheits- und Pflegesystem nur dann dauerhaft tragfähig ist, wenn Familie und persönliches Umfeld aktiv eingebunden sind. Außerdem arbeiteten verschiedene Diskussionsteilnehmer heraus, dass der Wettbewerb in Pflege und Gesundheit vor allen Dingen über die Qualität und nicht in erster Linie über den Preis stattfinden muss.
Noch bis zum 30. April 2015 haben alle CDU-Mitglieder im Online-Forum Bildung der CDU in Niedersachsen (unter www.cduplus.de) die Möglichkeit, weitere Anregungen oder Änderungsvorschläge zum Thesenpapier „Gesundheit und Pflege“ zu machen. Anschließend wird der Landesfachausschuss der Landes-CDU die Diskussionsbeiträge beraten und in das Grundsatzprogramm einfließen lassen.